"Nachmachen ist gewünscht"

Interview mit KSU-Geschäftsführer Philipp Andree in der aktuellen tec.News unseres Mitglieds Harting

tec.news: Herr Andree, welche Aufgaben haben Sie sich als Verband gesetzt?

P. Andree: Unser Ansatz ist, Leucht­turm-Unternehmen ausfindig zu machen, die für Klimaschutz und Nachhaltigkeit stehen - in Deutschland, aber auch auf globaler Ebene. Wir identifizieren diese Vorreiterbetriebe, zeichnen sie - im Na­men der Bundesregierung aus - und zei­gen auf, was sie können. Nachmachen, wie es andere tun, ist gewünscht.

tec.news: Welche Trends in Bezug auf den Klimaschutz sehen Sie aktuell?

P. Andree: Da gibt es einige. Dabei spielt es eine große Rolle, dass zum einen Klima­schutz in der Gesellschaft angekommen ist und zum anderen viele Unternehmen ihre eigenen Klimastrategien entwickeln. Gleichzeitig sehe ich den Trend, dass nachhaltiges Handeln im Unternehmertum immer stärker verankert ist. Wichtig dabei ist die Tatsache, dass auch zunehmend Investoren auf Klimaschutz- und Nach­haltigkeitsaspekte achten. Es muss das Ziel sein, dass Klimaschutz noch wirt­schaftlicher wird. Im Bereich der Au­tomatisierung sehe ich weiterhin viele Optimierungen durch Digitalisierungs­maßnahmen und auch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

tec.news: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen beziehungsweise Hindernisse?

P. Andree: Unternehmen, für die die Kategorien Scope 1 und Scope 2 bereits ausgeschöpft sind, widmen sich mit Scope 3* der herausforderndsten Identifizierung bzw. Bilanzierung: Sie versuchen, im Hin­blick auf Emissionen die Rollen von Pro­dukt, Kunde und Zulieferer zu definieren. Das ist bei Vielen derzeit im Fokus und auch gleichzeitig der größte Knackpunkt. Weitere Fragen, denen sich die Unterneh­men stellen müssen, sind: Wie gehen wir mit dem Thema Wärmewende um? Wie lässt sich Prozesswärme besser nutzen? In welchem Verhältnis liegen Investitions­kosten, neue Anlagen und Abschreibun­gen? Und wie lassen sich die nicht mehr wirtschaftlichen Blockheizkraftwerke ersetzen? Abseits davon spielen immer komplexer werdende Regularien und Kon­formität eine große Rolle. Dies betrifft beispielsweise die Planungs- und Geneh­migungsverfahren für neue Anlagen, aber auch Bestandsanlagen im Windbereich.

tec.news: Geht die aktuelle Entwick­lung eher in die Identifikation des Pro­duct Carbon Footprints (PCF) oder des Corporate Carbon Footprints (CCF)?

P. Andree: Viele Klimaschutz-Unterneh­men fokussieren sich aktuell auf das The­ma PCF, da sie beim CCF schon recht weit sind. Einige widmen sich parallel dem The­ma „digitaler Produktpass", andere verfol­gen digitale Ansätze mit Blockchain-Tech­nologien. Im Zusammenhang mit dem CCF steht auch oftmals eine stärkere Regulie­rung aus Brüssel - die EU Green Claims, die EU-Taxonomie oder auch der Zertifikatehandel, der auf die Bereiche Wärme und Verkehr ausgedehnt wird.

tec.news: Welche Quick Wins gibt es? Was kann jedes Unternehmen umge­hend für den Klimaschutz tun?

P. Andree: Es gibt einige Maßnahmen, mit denen sich ein erster Beitrag zum Klimaschutz leisten lässt und die unmit­telbar vorgenommen werden können. Beispielsweise eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach oder etwa verschiedene Vor­gehensweisen zur Wärmerückgewinnung. Auch durch Elektrifizierung lässt sich viel erreichen. Denn durch Strom auf der Basis eines PPA (Power Purchase Agreement, einem Abnahmevertrag für Grünstrom) entstehen keine Treibhausgase. Im Grun­de sind schon viele Basics machbar, wenn man erst einmal schaut, wie die Systeme zusammenhängen und Kreis­läufe funktionieren: Was ist aus der In­frastruktur der Gebäude zu holen? Und wie kann eine ganzheitliche Optimierung, etwa durch LED, Druckluftversorgung, Ausschalten von Maschinen oder Stand­ by-Betrieb - erreicht werden? ■

Zum PDF des Interviews hier.

*Scope 1, Scope 2und Scope 3 ist die Kategorisierung der von Unternehmen verursachten und beeinflussten C02-Emissionen:

Scope 1: Direkte Emissionen aus eigenen oder kontrollierten Quellen,z.B.ausVerbrennungsprozessen oderFahrzeugen.
Scope 2: indirekteEmissionenaus derErzeugungvon zuge­kauftem Strom, Dampf, Wärme und Kälte, die vom Unterneh­men verbraucht werden.
Scope 3: indirekteEmissionen aus derWertschöpfungskette des Unternehmens,z.B. aus Rohstoffgewinnung, Transport, Verpackung oder Entsorgung.

© Claudia Basermann / Klimaschutz-Unternhmen e. V.
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