Am 27. November fand in Berlin das traditionelle Kamingespräch der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und des Klimaschutz-Unternehmen e.V. (KSU) zum Thema „Auf dem Weg zu einer zirkulären Wirtschaft“ statt. Eröffnet wurde der Abend durch Jörg Schmidt (Vorstandsvorsitzender Klimaschutz-Unternehmen e. V.) und Alexander Bonde (Generalsekretär DBU). Mit dabei waren Vertreter:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, darunter Wilhelm Mauß (Geschäftsführer der Lorenz GmbH & Co. KG), Dr. Marianne Kuhlmann (Vorstandsvorsitzende & Co-Founder, Circularity e.V.), Lars Baumgürtel (CEO ZINQ GmbH und Co. KG) und Dr.-Ing. Julia Hobohm (Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien, DGAW). Ziel der Veranstaltung, die von Ulf Jacob (DBU) und Phillipp Andree (KSU) moderiert wurde, war es, die Potenziale und Herausforderungen der Transformation hin zu einer Kreislaufwirtschaft zu diskutieren.
Impulse und Kernbotschaften
Dr. Marianne Kuhlmann: Systemische Transformation mit Mut, Vision und Daten
Kuhlmann hob hervor, dass der Übergang zur Kreislaufwirtschaft eine große Chance für Unternehmen darstellt und eine systemische Transformation über die Wertschöpfungskette hinweg erfordert, die mit Mut und Zuversicht angegangen werden sollte. „Es braucht eine klare, gemeinsame Vision, die Orientierung bietet, Vertrauen schafft und Kräfte bündelt“, sagte sie. Datenbasierte Entscheidungen seien entscheidend, um faktenbasierte Optimierungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu ermöglichen. Von der Politik forderte sie Rahmenbedingungen, die sozial-ökologische Wirkungen einbeziehen und den Gestaltungsraum für innovative Akteure erweitern. „Die Politik muss positive Zukunftsbilder schaffen, die den Akteur:innen Sicherheit und Anreize bieten, an der Transformation mitzuwirken.“
Wilhelm Mauß: Wettbewerbsvorteile durch Zirkularität
Mauß betonte, dass es sich für Unternehmen mehr lohnen muss, nachhaltig und ressourcenschonend zu wirtschaften. „Primärressourcen – also Rohstoffe, die frisch aus der Erde gewonnen werden – sollten teurer sein als recycelte Materialien“, erklärte er. Nur so werde es für Firmen attraktiver, Rohstoffe wiederzuverwenden und Abhängigkeiten von Importen zu verringern. Gleichzeitig forderte Mauß, dass bei der Wirtschaftlichkeitsbewertung nicht nur der Anschaffungspreis, sondern die Gesamtkosten über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts berücksichtigt werden sollten. Zudem seien Investitionen in moderne Recyclingfabriken („Reverse Factories“) und der Abbau bürokratischer Hürden notwendig. Mauß betonte auch die wichtige Rolle des Staates: „Die öffentliche Hand hat als größter Auftraggeber die Macht, den Markt für nachhaltige Produkte anzukurbeln und langfristig Kosten zu sparen, wenn sie bei Ausschreibungen auf nachhaltige Lösungen setzt.“
Lars Baumgürtel: Design für Zirkularität und Zertifikatshandel
Baumgürtel plädierte dafür, zirkuläre Leitmärkte zu schaffen und von Produktpässen einzuführen, um Scope 1-3 Emissionen transparent zu erfassen und zirkuläre Produkte durch Zertifikatshandel zu privilegieren. „Design for Circularity bedeutet mehr als Design for Recycling – es geht darum, den Materialkreislauf zu verlangsamen und die Lebensdauer zu maximieren“, erklärte der ZINQ-Geschäftsführer. Eine klimaneutrale Wirtschaft müsse „Circular“ sein und dürfe sich nicht nur auf Kohlenstoffreduktion fokussieren. „Die Vernichtung von Wertstoffen werden wir uns künftig nicht mehr leisten können“, sagte Baumgürtel. Er forderte die Politik auf, die zirkuläre Transformation durch gezielte Förderprogramme und steuerliche Entlastungen für Pionierunternehmen zu unterstützen.
Dr.-Ing. Julia Hobohm: Globale Perspektive und Wissenschaftsbasierung
Hobohm machte deutlich, dass eine zirkuläre Wirtschaft nur in globalen Lieferketten funktionieren kann. „Recyclingwirtschaft muss international wettbewerbsfähig sein und darf keine künstlichen Rohstoffmärkte schaffen. Wir müssen weg von Quoten und hinkommen zu wissenschaftliche Bewertungsverfahren zur Beurteilung, ob Recycling nachhaltig ist oder nicht“, betonte sie. Politische Rahmenbedingungen sollten den globalen Handel mit Sekundärrohstoffen erleichtern und wissenschaftlich fundierte Verfahren zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Recyclingmaßnahmen fördern.
Fazit
Das Kamingespräch zeigte eindrücklich: Circular Economy ist der Erfolgsfaktor für ein zukunftsfähiges Wirtschaften. Wir können es uns auf dem Weg zur Klimaneutralität nicht leisten, die Potenziale der Circular Economy für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt liegen zu lassen, so der Tenor. Der Übergang zu einer zirkulären Wirtschaft erfordert umfassende strukturelle Veränderungen. Es braucht rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die sozial-ökologische Wirkungen einbeziehen und zirkuläres Wirtschaften aktiv fördern. Dafür bedarf es klarer politischer Leitlinien, Investitionen in Infrastruktur und Technologie sowie eine unternehmens- bzw. branchenübergreifende Zusammenarbeit.
Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft ist zentraler Baustein der Industriepolitik der neuen EU-Kommission. Die Circular Economy wird enorm an Bedeutung gewinnen – gerade auch durch den geplanten „Circular Economy Act“. Die nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS), die in der nächsten Woche noch verabschiedet werden soll, liefert einen wertvollen Rahmen und Leitplanken zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im globalen Kontext. Denn klar ist: Wir dürfen national nicht eine weitere Chance zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit verspielen und müssen den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft beschleunigen. Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Klimaschutz-Unternehmen und ihre Partner werden mit der Förderarbeit, den breiten Netzwerken und Kooperationsangeboten dazu beitragen, dass dieser Wandel gelingt.