Neumarkter Lammsbräu: Klimaschützer aus Tradition – das 1,5° Ziel als Muss für die gesamtgesellschaftliche Transformation

Schon in den 1970er Jahren wurden beim Getränkehersteller Neumarkter Lammsbräu die Weichen für ein durchgängig nachhaltiges Unternehmenskonzept gestellt. Eines, das bis heute seinesgleichen sucht und vielfach ausgezeichnet wurde.

Ein vielfältiges Getränke-Sortiment (Lammsbräu Bio-Biere, now Bio-Limonaden, BioKristall Bio-Mineralwasser), das zu 100% bio ist, sowie die Förderung von Ökolandbau, Wasserschutz, Klimaschutz und Artenvielfalt stehen dabei traditionell im Fokus von Neumarkter Lammsbräu.

Vor dem Hintergrund der Vision einer enkeltauglichen Zukunft und der damit verbundenen Notwendigkeit der Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens wurde die bereits seit 2012 bestehende Klimastrategie neu ausgerichtet.

Als erster mittelständischer Lebensmittelhersteller in Deutschland hat sich der Bio-Getränkehersteller zu Beginn 2022 dem 1,5°C-Ziel der Science Based Targets Initiative (SBTi) verpflichtet.

Konkret bedeutet das: Im Zeitraum von 2020 bis 2030 sollen die absoluten Treibhausgasemissionen im direkten Einflussbereich (Scope 1 und 2) um 42% reduziert werden. Zudem verpflichtet sich das Unternehmen dazu, die Emissionen entlang des Wertschöpfungsnetzes (Scope 3) zu messen und zu reduzieren. Was das genau bedeutet, was bereits erreicht wurde und wie die Planungen bis 2030 aussehen, erfahren Sie nachfolgend.

Podcast Betriebsgrün „Science Based Targets“ mit Johannes Ehrnsperger


Entwicklung CO2e in Kilogramm pro Hektoliter (kg/ hl) Fertiggetränk.

2012 im Vergleich zu 2022

2012
2022

mehr als 25% weniger CO2e je Hektoliter Fertiggetränk in 10 Jahren


Auf dem Weg zum 1,5°-Ziel

von

0
t
CO2e-Einsparung

ab Basisjahr 2020 

auf

0
t
CO2e-Einsparung

bis zum Zieljahr 2030

=

-
0
%
absolute CO2e Reduktion bis 2030

Scope 1 und 2


Schritt für Schritt, Schluck für Schluck.

Erfrischend nachhaltig: Bio-Bier, Bio-Limonade und Bio-Mineralwasser.

Ein ganzes Maßnahmenbündel ist bis 2030 geplant, um die neu gesetzten Ziele zu erreichen.

Potentialanalyse & Primärdaten als Basis für mehr Klimaschutz

Bereits seit 2012 haben wir eine Klimastrategie, die wir 2021/2022 auf wissenschaftsbasierte Füße gestellt haben. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Uni Kassel und den Klimaschutzunternehmen e.V. wurden hier während des 2-jährigen Projektes „Auf dem Weg zum klimaneutralen Unternehmen“ eine umfangreiche Potentialanalyse für den Firmenstandort durchgeführt sowie nach einer Hotspotanalyse im Scope 3 Bereich die wichtigsten CO2e-relevanten Bereiche erfasst & hier Primärdaten begonnen zu sammeln. Ein strukturiertes Klimamanagement wurde intern eingeführt, aufbauend auf einem seit mehr als 25 Jahren bestehenden Umweltmanagementsystem nach EMAS und ISO 14001. Die Schritte zu Datenerfassungen basieren auf dem GHG Protocol.

CO2e am Standort

Produktion - Hot Spot: Erdgas zur Wärme-Energieversorgung

Seit mehreren Jahren wurden bereits zahlreiche Energieeffizienzmaßnahmen vorgenommen. Eine kürzlich umgesetzte Maßnahme bestand im Jahr 2021 in der Modernisierung der hauseigenen Mälzerei. Beispielsweise sorgten hier neue Anlagen (insb. Darre mit neuem Heizregister und Darrluftventilator) und höhere Auslastung der Darr-Chargen bereits innerhalb eines Jahres für Wärmeenergie-Einsparungen von ca. 20 % (= ca. 96 t CO2e) in 2022 (im Vgl. mit 2021).

Bis 2030 stehen folgende Maßnahmen an zur 1,5° Zielerreichung:

  • Wärmepumpe zur Abwasserwärmenutzung
  • Wärmepumpe in Verbindung mit Strom- und Abwärmenutzung aus einer PVT-Anlage
  •  Wärmepumpe zur Abwärmenutzung Kälteanlage
  •  Power to Heat - Anlage
  • Solarthermie auf dem Dach und an der Fassade der Mälzerei
  • Prozessoptimierung durch Temperaturreduktion der Flaschenreinigungsmaschinen

Die Maßnahmen werden übergeordnet KI basiert gesteuert. Alle Wärmeerzeuger werden dabei mit Verbrauchern und Umwelteinflüssen (z.B. Wettervorhersagen, Strompreise, Absatzplanung) bestmöglich verknüpft.

Fuhrpark- Mit Gas, Diesel oder elektrisch? Sparsam oder sportlich?

Im Fuhrparkbetrieb das gibt es wie so oft zwei Hebel für den Klimaschutz – den Menschen und die Maschine. Daran arbeiten wir:

  • Elektromobilität als alternative Antriebstechnologie für KFZ: mittlerweile 8 E-Pkws & 5 Ladesäulen am Standort
  • Wir setzen auf E-Stapler statt Diesel
  • Zentralisierung von Leergutsortierung und Produktion vermeidet unnötige Fahrten
  • allgemeine Tourenoptimierung

Bis 2030 stehen folgende Maßnahmen an zur 1,5° Zielerreichung:

  • Ausbau E-Mobilität im Bereich aktiver Dienstfahrzeuge auf 100% bis 2027
  • In Prüfung: Anschaffung eines E-LKWs
  • In Prüfung: Applikation zur Auswertung des Fahrverhaltens, die auch für Elektrofahrzeuge geeignet ist, als Grundlage für gezielte Schulung.

Ökostrom & Ausbau regenerativer Energien am Standort

Bereits seit 2011 setzt das Bio-Unternehmen auf den Einsatz von Ökostrom, der sowohl für das Laden von E-Autos als auch den 100% E-Staplern verwendet wird. Zusätzlich soll der Anteil regenerativer Energien am Standort ausgebaut werden. Im Mai 2023 wurde auf dem Dach einer Logistikhalle auf einer Fläche von 850 m² eine Photovoltaik-Anlage  mit einer Leistung von 125 kWp und einer jährlichen Stromproduktion von ca. 120.000 kWh installiert und anschließend in Betrieb genommen.

Die Steigerung des eigenerzeugten Stroms durch o.g. und folgende Maßnahmen auf über 30% ist geplant bis 2028:

  • 550kWp PV-Anlage am Logistik-Außenlager Blomenhof
  • eine PVT-Anlage

Am wenigsten Einfluss!? - Aber größte CO2e-Relevanz!

Der Bio-Getränkehersteller hat sich das qualitative Ziel gesetzt, die Scope 3 Emissionen zu messen und zu reduzieren (s. https://sciencebasedtargets.org/companies-taking-action#dashboard), weswegen realitätsnahe Bilanzierungen notwendig sind, denn man kann nur messen und daraus Ziele ableiten, wenn man weiss, wo man steht.

Der Scope 3 Bereich umfasst ca. 80% der gesamten THG-Emissionen des Unternehmens und hat daher eine hohe Relevanz. Trotz aktueller Hürden bei Datenqualität und Datenverfügbarkeit sollen in einem ersten Schritt die relevanten Scope 3 Bereiche (S3.1; S3.3; S3.4; S3.5; S3.7; S3.9) möglichst spezifisch für die eigene Wertschöpfungskette berechnet werden (Basis: GHG protocol). Bis jetzt (11/2023) wurden bereits viele Sekundärdaten (v.a. von LCA-Datenbanken) des CCF durch Primärdaten ersetzt (Bereiche Rohstoffe, Verpackungen & Hilfsstoffe), dies wird weiter verfolgt. Hierfür wird mit den Lieferant:innen Kontakt aufgenommen und PCFs werden auf Basis von Umfragedaten entweder selbst berechnet (Agrarrohstoffe) oder fertige PCFs von ihnen (inkl. Methodikbeschreibung zur Validierung) verwendet, bspw. bei Hilfsstoffen, Verpackungen wie Flaschen, Kisten, Leim, Kronenkorken, etc.

In einem zweiten Schritt werden dann valide quantitative Zielwerte abgeleitet.

Ein paar erfolgreiche CO2e- Reduktions-Maßnahmen gibt es schon (2022/ 2023):

  • Die Dicke unserer Kronenkorken konnte weiter reduziert werden, dadurch können ca. 70 to CO2e pro Jahr eingespart werden.
  • Außerdem wurde die Umstellung auf Recycling-Etiketten aus Altpapier in die Wege geleitet, welche den Cradle to Cradle Kriterien entsprechen, was eine Einsparung von ca. 13 t CO2e bedeutet.

Positiver Nebeneffekt: Indem in Scope 1 sukzessive von Erdgas auf regenerative Energien & Elektrifizierung durch Einsatz von Wärmepumpen umgestellt wurde, werden sich zukünftig auch die S 3.3 Emissionen in der Vorkette verringern, die bei der Herstellung von Energie in Scope 1 und 2 entstehen.

Regional verankern - CO2e weiter vermeiden & mehr Kohlenstoff binden

Unser Klimafonds

Seit dem Jahr 2021 werden keine internationalen Kompensationszertifikate zur Erreichung von Klimaneutralität am Standort mehr erworben. Die dadurch eingesparten finanziellen Mittel dienen dem Aufbau eines „Klima-Fonds“: er speist sich in den kommenden Jahren aus einem Schattenpreis in €/to CO2 (aktuell auf Basis von CO2-Preisen je gebundene Menge CO2e durch Humusaufbau) multipliziert mit den CO2e-Emissionen in Scope 1 und 2 des jeweiligen Jahres sowie zusätzlich eingesparten Mitteln durch vorzeitige Armotisation von bereits getätigten Energie-Investitionen. Das Grüne Strom Label (GSL) zum Ausbau Erneuerbarer Energien kann bei dem aktuellen Ökostrom-Dienstleister nicht unterstützt werden, auch dieser nicht geleistete Betrag fließt zusätzlich in den Klima-Fonds.

Gemäß „Reduktion vor Kompensation“ dienen diese Mittel hauptsächlich zur Investition in CO2e-Reduktionsmaßnahmen vor Ort.

Regionaler Humusaufbau – für jedes Unternehmen anwendbar

Die IPCC Szenarien zu 1,5 & 2 Grad rechnen schon fest mit hochskalierten Maßnahmen zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre (Reduktion UND Förderung von Senken muss gleichzeitig jetzt passieren). Laut dem State of CDR Report (https://www.stateofcdr.org/) gibt es hier aber noch große Lücken. Daher leisten wir einen  wichtigen Beitrag durch regionale Kohlenstoffspeicherung über Humusaufbaumaßnahmen von Landwirt*innen aus unserer eigenen Wertschöpfungskette – ohne das gespeicherte CO2 mit unseren Emissionen zu verrechnen. Neben der Bindung von CO2 unterstützt Humusaufbau weitere Ökosystemdienstleistungen wie bspw. den Erhalt der Artenvielfalt oder die Trinkwasserentstehung. Diese Vorteile werden von uns über die Zahlung einer Humusprämie statt einer reinen CO2e-Prämie an die Landwirte honoriert.



Konsequent klimaschonend.

Umwelt- und Klimaschutz sind seit über 40 Jahren zentrale Bestandteile unseres ganzheitlichen und ökologischen Unternehmenskonzepts. Dabei setzen wir uns zum einen das Ziel, die Dekarbonisierung im eigenen Betrieb durch Substitutions- und Reduktionsmaßnahmen aktiv voranzutreiben. Zum anderen tragen wir durch die intensive Förderung des ökologischen Landbaus dazu bei, dass CO2 wieder im Boden gebunden wird.

Johannes Ehrnsperger
Geschäftsführer & Inhaber von Neumarkter Lammsbräu

Gutes Bier. Besseres Klima.

20%ige Energieeinsparung durch Modernisierung der hauseigenen Mälzerei. Hier zu sehen: die Darre.
Internes Klimamanagement im Team. Vertreter:innen der Unternehmensbereiche v.o.l.n.u.r: Thomas Plank, Leitung Instandhaltung & Energie; Stefan Pecher, Leitung Finanz-Controlling; Christian Wesendahl, Leitung kaufmännische Verwaltung; Günther Membarth, Leitung Logistik; Johannes Ehrnsperger, Inhaber & Geschäftsleitung; Silvia Wittl, Umwelt- und Klimamanagement. Nicht in Bild: Florian Schönwetter, Leitung Produktion.
850 m² PV-Anlage, Leistung von 125 kwp, jährliche Stromproduktion von ca. 660.000 kwh.

Vom Ökopionier zur nachhaltigen Brauerei.

Produkte, Prozesse, Anlagen – ein paar Highlights.

1980er und 90er
Umstellung auf 100% Bio-Bier.
2008
Einführung der Bio-Limonade „now“.
2011
Inbetriebnahme der neuen energiesparenden Kälteanlage.
2013
Erarbeitung einer umfassenden Klimaschutzstrategie für das gesamte Unternehmen.
2015
Entscheidung über CO2e-Kompensationsstrategie.
2016
Erste Umstellung des Fuhrparks auf Erdgas. Nachhaltige Beschaffung im Einkaufsprozess fest verankert.
2016
  • Umstellung auf effizientere Kessel/ Modernisierung der Energiezentrale.
  • Höherer Wirkungsgrad durch den Betrieb einer Mikrogasturbine
2019
  • Neues Rohrleitungssystem vorbereitend für energetische Neuausrichtung
  • Konsequenter Aufbau der Datenerfassung mit fundierten Fakten
2020

Lebenszyklusanalyse alternativer Antriebe mit Ergebnis: Umstellung Pkw Fuhrpark auf E-Mobilität

2021

Modernisierung der hauseigenen Mälzerei: Wärmeenergie-Einsparungen von ca. 20 % in 2022 (im Vgl. mit 2021) durch neue Anlagen & höhere Auslastung der Darr-Chargen.

2022

Abschluss Klimastrategie 2.0: SBTi Verpflichtung zum 1,5° Ziel

2023

Inbetriebnahme PV Anlage, Umsetzungsstart Solarthermie Mälzereidach und -fassade



Neumarkter Lammsbräu in kurz.


Weitere Best Practices in diesem Bereich.

Ansprechpartnerin

Silvia Wittl
Umwelt- und Klimamanagement
Neumarkter Lammsbräu Gebr. Ehrnsperger KG
Tel.: +49 (0) 9181 / 404 71
E-Mail: s.wittl@noSpamlammsbraeu.de